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Notwendigkeit der Ethik

 


 

Der Mensch ist der Herr der Dinge. Er arbeitet wie das All, das der Materie Form gibt und sie zirkulieren lässt. Das vom Menschen Geschaffene sind die Dinge des alltäglichen Gebrauchs, die der Handel in Umlauf bringt.

 

Die Überwindung des Tausches mit Naturalien durch die Erfindung des Geldes beschleunigte die Zirkulation von Gütern und machte sie über Regionen und Nationen hinaus global. Der Welthandel als Gesamtheit des Gütertausches zwischen den Nationen ist eine weitläufige Transaktion von Dingen.

 

Die Wertschätzung des Dinglichen hat sich in der gegenwärtigen Welt zu einem Materialismus entwickelt, der die Eigenart des Menschen verdeckt. Erwerb und Besitz von Gütern und Geld sind Selbstzweck geworden und haben den Menschen vergessen lassen, dass er ein Kind des Alls ist und Glied einer Kette der kosmischen Evolution und dass seine Qualität in Geist, Kreativität, Seele und Phantasie bestehen. Mit dem Vergessen hat er Balance und Urteilskraft verloren. Aber mit der Bedrohung der Zerstörung der gewachsenen Kreisläufe der Natur muss er sich besinnen und begrenzen, muss er eine globale Ethik schaffen.

 

Wenn Veränderung im All der Normalfall ist, ist die Konsequenz ein lebenslanges Lernen, die Förderung von Wissen und Kreativität. Doch oft wollen Personen, Gemeinwesen und Unternehmen erst in der Krise wissen, fragen erst dann nach Motivation und Lebenssinn. Bis dahin handeln sie, als seien Leben und Unternehmung Gewohnheit und Routine.

 

Die Bedrohung der gegenwärtigen Welt durch Kriege, Hunger und die Zerstörung von Natur und Wissen zugunsten einer einseitigen Ausrichtung auf den technologischen Fortschritt fordert zum Handeln auf. Trotz höchster Kulturstufe ist der Mensch noch zu sehr der Technik unterworfen und hat noch nicht die Distanz gefunden, die ihn sehen lässt, welche Motive sein Handel steuern. Denn auf den ersten Blick kann er nur das sehen, was er weiß. Deshalb muss er die beiden Formen des Weltverstehens Weltbild und Weltwissen zu einer neuen Qualität des Verständnisses überschreiten – zur Weltethik. Denn die Menschen haben längst erfahren, dass Freiheit nicht automatisch zur Verantwortung führt und dass das Handeln des einzelnen globale Folgen hat. Daher ist es erforderlich, dass sie in ihrem eigenen Interesse die Grenzen ihrer Freiheit erkennen und den Rahmen ihres Handelns neu definieren.

 

Das Prinzip der Materie ist Bewegung und Entwicklung, das Prinzip des Menschen Arbeit, Wissen, Gemeinschaft, Fortpflanzung und Zukunftsorientierung. Seine Arbeit verrichtet der moderne Mensch in Unternehmen. Das Wort verweist auf Veränderung durch Aktivität. Doch obwohl Unternehmen sich bewegen und Wirkungen erzielen, ist doch ihr Sinn, in der Entwicklung den Sinn dieses Lebens zu bewahren. Wenn Veränderungen zu Krisen führen, muss das Unternehmen Gewohnheiten aufgeben und nach ihren unternehmerischen Motiven fragen, Ziele erarbeiten und sich neu ausrichten. Denn Krisen sind kleine Tode. Brüche im Strom, Verzögerungen im Prozess der Veränderung, Momente des Innewerdens, die neue kreative Kräfte freisetzen. Das Unternehmen bedarf daher allgemeiner und spezieller Kenntnisse und muss sich in ein lernendes und spirituelles Unternehmen verwandeln, um dem Wandel zu entsprechen.

 

Zur Realisierung des allgemeinen Wissens gehören Antworten auf Fragen nach der Zukunft von Arbeit und Kultur. Die Arbeit – das Zentrum menschlicher Aktivität – wird sich in Zukunft stark verändern. Etwa dass vorherrschende Unternehmensformen nicht mehr der feste Standort sein müssen. Veränderungen können Misstrauen und Ängste schüren. Deshalb müssen sie von allen ins Auge gefasst werden. Motivation folgt aus dem Wissen um die Notwendigkeit von Veränderungen und arbeitet gegen die Angst. Gegen Ängste arbeitet auch die Kreativität, die zum Großteil auf Vertrauen in die Welt und in das Unternehmen beruht. Eine Bedingung für erfolgreiche Innovationen ist das Gefühl von Identität in der Phase der Veränderung und von Freisein, das der Mensch in der Umorientierung seines zentralen Schaffens braucht. Lernen ist Befreiung, und Befreiung ist das Annehmen der Krise sowie das Herstellen einer neuen Ordnung in der Veränderung. Spiritualität braucht das Unternehmen, damit es berührt wird von der Bewegung der Materie und von den Veränderungen des Alls.


Menschen, Unternehmen und Gemeinschaften müssen das Vegetative der Pflanze, das Emotionale des Tieres, das Rationale des Menschen und das Kulturelle der Gemeinschaft in sich vereinen, indem sie über die eigene Bedingtheit, Freiheit und Herkunft nachsinnen und Konsequenzen ziehen. Weltethik bedeutet Fairness im globalen Feld individuellen, unternehmerischen und politischen Handelns und das Wissen um die Stellung des Menschen, des Unternehmens und des Gemeinwesens im Weltganzen. Damit die Welt nicht endet, wie sie begonnen hat: mit einem Paukenschlag.




© Hajo Eickhoff 2014





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