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aus Bauwelt, Heft 7, 1996




Altar



Altar, m., ist zunächst der Stein, auf dem eine Gemeinschaft einst einen Menschen zum Zweck der Opferung getötet hat. Mit der Verschiebung des Opfers auf das Tier und dem Erfinden einer für den Menschen nicht tödlichen Korrespondenz mit den Mächten des Heiligen tritt der Opferstein in die beiden Formen des Altars (Opfertisch) und des Throns (Opferstuhl) auseinander. Der Tisch wird erhöht (alta ara) und zur Basis für das Opfertier, der Thron zum Gestell, das den König aufnimmt. Die Räume, die Altäre einfassen, sind vertraute und fremde Orte zugleich, Bezirke des Rätselhaften, von denen sich der Mensch abstoßen kann. Im Verlauf ihrer Geschichte haben sich Thron und Altar unabhängig voneinander entwickelt. Gelegentlich treffen sie zusammen, lösen sich aber immer wieder voneinander ab. Der Thronsockel ägyptischer Throne, die Bühne des Theaters oder das Podest des Chorraums der Kirchen und Klöster sind archaische Elemente des Altars, auf denen Tod und Wiedergeburt inszeniert wurden. Das griechische Theater machte seinen rituellen Hintergrund noch transparent, im Fest zu Ehren des Dionysos. Im Zentrum der Bühne stand der Dionysos-Altar, die Thymele. Der erste Schauspieler, der aus dem Chor heraustrat, setzte sich auf die Thymele wie auf einen Thron und bot sich auf dem Altar, der Tisch und Stuhl war, als Opfer dar. Das griechische Theater war die Fortsetzung eines alten Kultes, in dem der Altar den Mittelpunkt bildete. Wenn die Pythia in Delphi das Orakel verkündete, saß sie auf dem Dreifuß, einem Tisch, der ebenso Thron war. Im christlichen Verständnis ist der Altar der Tisch des Herrn, die Stätte, an der sich Mensch und Gott begegnen und ein Symbol für Christus.

 


© Hajo Eickhoff 1996











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